Gendergerechtigkeit in Unternehmen 2022

in Personalwirtschaft, 6/2022

Führungskräfte sehen Gender- und Gleichstellungsthemen in ihrem eigenen Unternehmen durch eine rosarote Brille. Zu diesem Ergebnis kommt der Führungskräfte-Radar 2021 der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) an der Universität Witten/Herdecke.
Professor Guido Möllering erläutert Gründe und Fehleinschätzungen.

Personalwirtschaft: Herr Möllering, das Fazit Ihrer Untersuchung lautet, dass Führungskräft  eine gewisse Sorg- und Arglosigkeit bei Gleichstellungsthemen offenbaren. Was hat zu dieser Erkenntnis geführt?
Guido Möllering: Führungskräfte erleben das Problem der Geschlechterdiskriminierung in ihren eigenen Unternehmen anscheinend kaum. Die Mehrheit der Befragten gibt an, dass bei ihnen alle Mitarbeitenden gleich behandelt werden (siehe Abbildung 2, d. Red.).
Das irritiert deshalb, weil schlechtere Ein- und Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen als Problem bekannt sind und der Gender Pay Gap sich zwar leicht verkleinert hat, aber immer noch da ist. Wir haben Zweifel, ob das ein realistischer Blick auf die momentane Situation
ist.

Welche konkreten Indizien gibt es hierfür?

Guido Möllering: Rund 77 Prozent der Führungskräfte geben an, dass bei ihnen das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit
herrsche. Das Statistische Bundesamt meldet aber für das Jahr 2020 einen Gehaltsnachteil der Frauen von 18 Prozent gegenüber Männern. Zwar fließen in den unbereinigten Gender Pay Gap strukturbedingte Faktoren ein, aber an dieser Stelle müssen wir die Frage stellen,
ob sich dahinter nicht auch schlechtere Einstiegs- und Aufstiegschancen verbergen. Wenn man nur auf die bereinigte Lohnlücke schaut, wird das Problem in Teilen einfach weggerechnet.

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